Die Römer in Schottland
Es ist eine verbreitete Annahme dass das Römische Reich sich so weit nördlich wie Hadrians Mauer im Norden Englands erstreckte. Aber die Römer hatten auch Schottland erreicht und man sieht noch heute Überbleibsel in der Landschaft. Hier schauen wir auf ein paar Beispiele.
Caledonia
In der Römerzeit gab es kein Land namens ‘Schottland’. Das Gebiet Großbritanniens, das heute als Schottland bekannt ist, wurde von den Römern "Caledonia" genannt, und die Menschen wurden als "Caledonians" bezeichnet. Damals bestand Caledonia aus Menschenstämmen, manche davon kamen friedlich mit den Römern aus, andere wehrten sich. Im Jahre 84 nach Christus schlossen sich zahlreiche kaledonische Stämme zusammen und stellten sich gegen die einfallende römische Armee. Die beiden Seiten kämpften an einem Ort namens Mons Graupius (Grampian Gebirge - die Historiker streiten über den genauen Standort). Die Römer wurden vom römischen General Julius Agricola angeführt und die Caledonians von einem wilden Häuptling, der laut römischer Berichterstattung Calgacus hieß. Die Caledonians hatten ca. 30.000 Krieger, angeblich doppelt so viele wie die Römer. Aber die Römer waren besser organisiert und besiegten die Caledonians. Obwohl Agricola und seine Armee siegreich waren, kehrten die ‘Highländer’ viele Male zurück, um die römische Grenze zu überfallen. Nach der Schlacht von Mons Graupius akzeptierten die meisten kaledonischen Stämme die römische Besetzung. Einige Stämme wurden von den Römern bestochen oder beschenkt, um ihre Herrschaft zu akzeptieren. Doch andere nördliche Stämme kämpften weiter gegen die Römer.
Baut eine Mauer!
Die Römer bauten Mauern nicht nur um ihre Anwesenheit spürbar zu machen. Sie taten es, um ihre Zivilasation vor den unfreundlichen nördlichen Stämmen zu schützen. Diese Angriffe kosteten den Römern Zeit und Geld und so befahl Kaiser Hadrian seinen Soldaten im Jahr 122, eine Mauer zwischen dem römischen Britannien und Caledonia zu bauen. Die Römer bauten auch Festungen (hauptsächlich aus Holz) und stationierten Soldaten entlang der Mauer, um Wache zu halten und Angriffe abzuwehren. 140 n. Chr. fügten die Römer eine weitere Mauer weiter nördlich zwischen dem Fluss Clyde und dem Fluss Forth hinzu. Es wurde die ‘Antonine Wall’ (Antoninische Mauer) nach dem Kaiser Antoninus genannt.
Antonine Wall – die schottische Mauer
Im Gegensatz zu seinem aus Stein gebauten südlichen Nachbarn, der Hadriansmauer, wurde der Wall der Antoninischen Mauer größtenteils aus Rasenschichten gebaut und erreichte eine Höhe von 3m. Zu den Verteidigungsanlagen gehörte nicht nur eine Mauer, sondern auch ein riesiger Graben, der stellenweise fast 5 m tief war und nördlich der Mauer verlief, sowie ein äußerer Hügel aus Erde, der aus dem Graben geworfen wurde. Siebzehn Festungen plus zusätzliche kleinere Zitadellen beherbergten die 6.000 bis 7.000 Männer, die entlang der Mauer stationiert waren. Der militärische Weg, eine südlich der Mauer gebaute Servicestraße, war ein weiteres wichtiges Element, das es den Truppen ermöglichte, sich schnell auf ihrem Weg zu bewegen und Vorräte, Befehle und Nachrichten zu transportieren. Die Mauer wurde vollständig von Mitgliedern der drei in Schottland stationierten römischen Legionen errichtet, die rund 7.000 Mann beschäftigten von denen viele aus fernen Ländern wie Syrien, Algerien und Spanien kamen. Während des Baus lebten die Soldaten in Lederzelten oder Holzhütten in provisorischen Lagern, die von leichten Verteidigungsanlagen umgeben waren.
Antonian Wall, Schottland
Ein Posten an der Antoninischen Mauer bedeutete lange Stunden Wachdienst, Patrouillen nach Kaledonien nördlich der Mauer, Aufrechterhaltung der Verteidigung und intensives Üben mit der Handhabung von Waffen. Auch in Schottland hatten die Römer ihre bekannten Badehäuser und Saunen die unterirdisch geheizt wurden. Hat jemand Fussbodenheizung gesagt?
Römisches Badehaus in Kilsyth
Die Militärdiät basierte auf Brot und Haferbrei, ergänzt durch Käse, Speck und Gemüse und gewürzt mit importierten Gewürzen. Archäologen fanden heraus, dass Soldaten an der Antoninischen Mauer auch lokales Rindfleisch, Hammel, Wild, Walnüsse, Austern und Muscheln aßen. Eine Armee marschiert wirklich auf ihren Mägen.
Das Ende einer Epoche
Aber die römischen Festungen wurden oft von den kaledonischen Stämmen angegriffen und irgendwann hatten die Römer die Nase voll. 160 n. Chr. verließen die Römer diese Mauer nach nicht mal 20 Jahren der Besetzung und machten den Hadrian’s Wall zur Grenze. Diese Mauer liegt komplett in England und hat noch nie die Grenze zu Schottland gebildet. Auch dort kann man wunderbar entlang wandern und sich auf Zeitreise begeben.
Hadrians Wall in Nord-England, photo courtesy of Mike Cave.
Während der industriellen Revolution im Zentralgürtel Schottlands wurden Teile der Antonine’s Mauer begraben oder entfernt, um Kanäle und Eisenbahnen zu bauen. Und doch kann man auch jetzt, fast zwei Jahrtausende später, bei genauer Betrachtung die Geschichte in der schottischen Landschaft lesen. Viele Wanderwege führen an der sichtbaren Linie vorbei, und man kann Ruinen von Festungen und Badehäuser besichtigen.
Wanderweg, Antonian Wall.
Um 411 n. Chr. endete die offizielle römische Besetzung Großbritanniens, obwohl archäologische Beweise zeigen, dass Kontakt und Handel mehrere Jahrhunderte andauerten.
Der Autor WH Auden aus dem 20. Jahrhundert hat mit dem Roman Wall Blues das Leben an der nördlichen Grenze so beschrieben:
Over the heather the wet wind blows,
I’ve lice in my tunic and a cold in my nose.
The rain comes pattering out of the sky,
I’m a Wall soldier, I don’t know why.
The mist creeps over the hard grey stone,
My girl’s in Tungria; I sleep alone.
Aulus goes hanging around her place,
I don’t like his manners, I don’t like his face.
Piso’s a Christian, he worships a fish;
There’d be no kissing if he had his wish.
She gave me a ring but I diced it away;
I want my girl and I want my pay.
When I’m a veteran with only one eye
I shall do nothing but look at the sky.
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