Heidekraut
Distel, Heidekraut, Gagelstrauch & Eberesche

Schottische Heilkräuter und Legenden

Wer sich etwas mit Pflanzenkunde auskennt und beschäftigt, sieht gerade bei Wanderungen seine Umwelt nochmal anders. Das Wissen über die Kräuterheilkunde ist so alt wie die Menschheit selbst und sollte immer mit Vorsicht weitergegeben und verwendet werden. Deswegen, bevor Ihr was ausprobiert immer zuerst noch eine Fachperson fragen. 

Die zu dem Thema dazugehörenden Legenden gehören für mich auch immer dazu. Wenn mal ein Pflanzenname nicht hängen bleibt, vielleicht doch die Geschichte. 

Schottische Distel (Scottish Thistle)
Es gibt nur wenige Symbole, die so schottisch sind wie die Distel. Die Blätter, Stängel und Wurzeln einer schottischen Distel (onopordon acanthium) können alle verwendet werden. Die Wurzeln werden im Allgemeinen für Atemwegserkrankungen abgekocht, während die blühenden Spitzen zu einem Tee verarbeitet und als Herzstärkungsmittel verwendet werden. Die Röschen und Stiele wurden oft als Nahrung verwendet. Eine Legende besagt, dass eine schlafende Gruppe schottischer Krieger von einer einfallenden nordischen Armee vor dem Hinterhalt gerettet wurde, als einer der Feinde auf die stachelige Pflanze trat. Sein gequälter Schrei weckte die schlummernden Krieger, die den Eindringling ordnungsgemäß besiegten und die Distel als ihr nationales Symbol annahmen. Natürlich gibt es keine Spur von Beweisen, die diesen Bericht unterstützen, aber das soll nie im Wege einer guten Geschichte stehen. 
Nach dieser Wikinger-Episode wurde die Distel als ‘Schutzpatron’ bekannt und unter James III zum Wappen des Stuart Clans. Heute ist sie auch das Symbol der schottischen Garde und wurde für Münzen, Banknoten, und Briefmarken verwendet. Es schmückt sogar das Grab von Mary, Queen of Scots. Die Distel soll Stärke und Hartnäckigkeit symbolisieren… ähnlich wie das schottische Volk selbst.

ThistleEine Distel in Assynt

Heidekraut (Erika; Common Heather) 
Das Heidekraut (calluna vulgaris) war wahrscheinlich eine der nützlichsten Pflanzen unserer Vorfahren. Es liefert nicht nur Material für Stroh, Schnur, Netze, Matten, Besen, Körbe und Packtaschen, sondern kann auch zur Herstellung von Bier verwendet werden. Archäologen auf der Insel Rum fanden die Überreste eines prähistorischen Heidekrautgebräus. Noch heute heben wir unsere Gläser mit Fraoch Bier (Fraoch ist Gälisch für Heidekraut), dessen Zutaten Heidekrautteile und Blätter von Gagelstrauch enthalten. 

Heather AleFraoch - Heather Ale

Ein Gebräu von Heidekraut war ein traditionelles Mittel gegen Tuberkulose, Husten und Herzprobleme, und eine aus den Blüten hergestellte Salbe soll gegen Rheuma wirksam sein. 

Der Duft der Blumen soll eine einschläfernde Wirkung haben, und Heidebetten waren im ländlichen Schottland an der Tagesordnung. Ein Angestellter von König James VI beschrieb es als "ein Bett, das so angenehm ist, dass es mit der feinsten Daune in Weichheit wetteifern kann". Na dann mal Gute Nacht! 

Weißes Heidekraut hatte besonders magische Eigenschaften, da angenommen wurde, dass es dort wächst, wo sich Feen ausgeruht hatten. Es wird gesagt, dass 1544 in der Schlacht von Blar-na-leine (the Battle of the Shirts) John of Moidart, später Clan-Chief von Clanranald, siegreich war, weil seine Anhänger weiße Heide in ihren Mützen trugen. Die schottische Legende sagt auch, dass kein weißes Heidekraut dort wachsen wird, wo Blut vergossen wurde. Wir finden es eher selten in den Highlands. 

Heideblüte im AugustBlühendes Heidekraut bei Crieff

Johanniskraut (St John’s Wort) 
Johanniskraut (hypericum perforatum) ist unter dem gälischen Namen ‘Achlasan Chaluim Chille’ bekannt, grob übersetzt als "Columbas Armvoll". Die Geschichte besagt, dass ein junger Bursche, der mit der Pflege des Viehs seiner Familie betraut war, Angst hatte, seine Nächte allein in den Hügeln mit nur den Tieren in Gesellschaft zu verbringen. Als St.Columba von seiner misslichen Lage hörte, drückte er eine Handvoll der Pflanze in die Achselhöhle des Jungen, wodurch seine Angst verschwand. Nicht so dumm wie es sich anhört - Johanniskraut ist heute als Antidepressivum der Natur bekannt und wird durch Platzieren eines Mittels entweder in der Achselhöhle oder in der Leiste schnell über die Haut in den Blutkreislauf aufgenommen. Auf den Hebriden glaubte man, wenn die Pflanze heimlich getragen würde, würde sie Hexen abwehren. Es soll auch Schutz vor Blitzeinschlägen bieten – aber das bitte nicht ausprobieren. 

JohanneskrautJohanniskraut

Gagelstrauch (Bog myrtle)
Gagelstrauch (myrica gale) wurde in Schottland als Ersatz für Hopfen beim Bierbrauen verwendet (siehe Fraoch (Heidekraut) Bier). Der Strauch ist in den schottischen Mooren weit verbreitet und wir sehen ihn ganz häufig auf unseren Wanderungen. Seine Blätter beinhalten einige ätherische Öle und sie duften ganz stark. Der Gagelstrauch ist auch ein gutes Insektenschutzmittel und wird noch heute verwendet, um die Aufmerksamkeit der gefürchteten Midges abzuwehren.  Gagelstrauch wird auch noch heute in Kleiderschränke gelegt, um Motten abzuwehren. Seine Blütenknospen wurden früher zum Gelbfärben verwendet und noch heute kommt er in den Blumenkränzen für königliche Hochzeiten vor!

GagelstrauchGagelstrauch - Bog Myrtle

Zum Abschluss kein Heilkraut, sondern ein Baum. 

Eberesche (Rowan oder Mountain Ash)
Die Eberesche (Sorbus aucuparia) gilt als der magischste Baum des Hochlandes. Jeder Haushalt bewahrte früher Ebereschenkreuze und Kränze im Haus auf, um sich vor Zauberei zu schützen und um Glück zu bringen. Die Beeren sollen das Essen der Feen sein, weshalb in Schottland häufig Ebereschenbäume in der Nähe von Steinkreisen stehen. Eine Eberesche vor der Eingangstür soll alles Böse abhalten. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob Ebereschenholz Hexen wirklich fernhalten kann, aber die Beeren können für viele Dinge verwendet werden. Der hohe Vitamin C Gehalt wird am häufigsten als Marmelade oder Sirup verwendet und ist nützlich bei Erkältungen und Halsschmerzen. Der frische Beerensaft wirkt als Abführmittel, aber wenn er gekocht wird, wirkt er umgekehrt. Im Winter kombinieren die Schotten die Beeren oft mit Honig und Äpfeln, um die Immunität gegen Erkältungen zu stärken. Laut Wetterweissagungen würde ein Jahr mit reichlich Ebereschenfrüchten eine gute Getreideernte haben, gefolgt von einem strengen Winter.

EberescheRowan/ Eberesche trägt im Spätsommer und Herbst rote Beeren
 

Bild des Benutzers Stef
Von Stef
Geschrieben am 22. Juni 2020