Lecker!
Wenn es mal nicht nach Plan läuft...

Geständnisse einer Wandern Schottland Köchin

…ich hätte nicht gedacht, das ICH mal einen Beitrag zu einem Blog leisten werde, aber: In Zeiten der Coronakrise ist so Manches anders….

Angelika

Mein Name ist Angelika, der/die Eine oder Andere kennen mich als Köchin bei Wandern Schottland.

Im Jahr 2000 verreiste ich erstmals als Gast mit Wandern Schottland; ich genoss damals eine Woche Wales und anschließend noch eine Woche Perthshire. Sofort verliebte ich mich in diese Art der Wanderreise, die tollen Unterkünfte und in das Verwöhnprogramm aus der Küche. Schon damals kochte ich gerne und an einem gemütlichen Abend vor dem walisischen Kamin dachte ich laut darüber nach, dass ich auch gerne einmal in einer so tollen, großen Küche arbeiten würde. Das hörte die damalige Reiseleiterin Miriam und so wurden die Weichen gestellt für mittlerweile fast 20 Jahre Kochwonnen auf meiner Lieblingsinsel.

LlanfendigaidHier ging es für Angelika mit Wandern Schottland los... Llanfandigaid House in Wales.

Das Abenteuer begann im Jahr 2001; ich sollte bei der Wales-Tour einer bereits erfahrenen Köchin „über die Schulter schauen“ um den Geheimnissen der Speisenzubereitung für größere Gruppen auf die Spur zu kommen. Diesen Plan durchkreuzte die „Maul-und Klauenseuche“…die Wanderwoche fand nicht statt, da wegen der Seuche alle Wanderwege gesperrt waren. Ich war etwas enttäuscht, dachte aber, dann machen wir das Ganze im Folgejahr. Weit gefehlt… ein paar Tage nach der Absage kam ein Anruf von Martin: ja, wenn du noch Zeit und Lust hast, kannst du gerne kommen, für die Tour „Glencoe & die Westküste“ mit Sitz in Crianlarich wird noch eine Köchin gebraucht. Ich sagte ganz euphorisch zu; danach kamen dann erst die Bedenken: schaffe ich das, upps, ich kann kaum englisch, wie kocht man für so eine große Gruppe von Reisenden und, und, und…..aber auch Martin meinte, das klappt schon! Hierzu möchte ich erwähnen, dass ich keine Weltenbummlerin war und bin, geflogen war ich erst zweimal und das war auch schon länger her. Trotz allem, reizte mich die Sache sehr. Also wurden fleißig Freunde als Testesser eingeladen, eine Woche Intensiv-Englischkurs belegt und der Essensplan und die Einkaufsliste geschrieben. Die schlaflosen Nächte kamen erst ca.3 Wochen vor dem Start auf die Insel. Die schlaflosen Nächte vergingen und endlich ging sie los, meine Zeit als Köchin für Wandern Schottland.

In dieser Zeit habe ich einige nette, liebe, teilweise skurile und für mich spannende Geschichtchen erlebt, von denen ich hier gerne erzählen möchte.

In Crianlarich erlebte ich als Greenhorn und somit auch die Gäste, dass hinsichtlich der Planung in der Küche, noch Luft nach oben war. Gleich am zweiten Tag hatte ich mich für den leckeren Nachtisch „Baked Lemon Bananas“ aus dem „Wandern-Schottland-Kochbuch“ entschieden. Heute weiß ich, dass eine sorgfältige Planung entscheidend zur Einhaltung des Zeitplanes beitragen kann. Aber damals: die Bananen backen für, 16 Personen, eine Soße dazu richten, oje, oje…und dann musste das Ganze auch noch in den Backofen. Da ich alles frisch direkt nach dem Hauptgang zubereitete, musste ich die Gäste fast 90Min. auf den Nachtisch warten lassen. Genau dieses Rezept hatte ich Zuhause noch NICHT getestet! Das Ergebnis war aber lecker und das Warten hatte sich wohl, nach den „Ah`s“ und „Oh´s“ zu urteilen, gelohnt. Der Eine oder Andere hatte aufgrund der Wartezeit auch wieder mehr Platz im Magen zum Naschen.

Wandern Schottland LachsDie Arbeit als Wandern Schottland Köchin kann ziemlich aufwendig sein.

Zwei Jahre später führte mich mein Weg für eine Woche auf die Insel Skye, direkt danach folgte Harris und Lewis. Im Jahr 2003 war ich bei meinen Anreisen zu den oft abgelegenen Häusern noch nicht mit der modernen Technik eines Navigationsgerätes ausgestattet. Ich schrieb mir immer schön den Verlauf der Autobahnen bzw. Straßen und Sträßchen mit Abzweigungen auf einen Zettel, der griffbereit auf dem Beifahrersitz lag.
Für die Anreise zur Insel Skye konnte ich mir Zeit lassen, die Gäste kamen erst am nächsten Tag, ich würde die erste Nacht alleine im Haus auf Skye verbringen. Nach dem Einkauf startete ich mit vollgeladenem Kofferraum, die Kühltaschen alle randvoll mit Leckereien und fuhr gen Norden Richtung Inverness auf der A9, danach ging es dann auf den kleineren Straßen weiter. Laut meinen Notizen und dem Kartenmaterial grobe Richtung Ullapool, vorher aber links weg zur Insel Skye. Martin hatte mir auch noch einen Anreiseplan geschrieben, sodass „eigentlich“ nichts schief gehen sollte. Versorgt war ich auch mit guter Musik von Dougie MacLean und anderen schottischen Klängen, ich genoss den Anblick der tollen, weiten und menschenleeren Landschaft und fühlte mich rundherum wohl. Die Fahrt sollte planmäßig schon 5-6 Stunden dauern; ich machte mir daher keine Gedanken, als der Abzweig nach Skye lange nicht auftauchte. Irgendwann sah ich dann Häuser vor mir und passierte eine schöne und sehr belebte Straße. Ok, dachte ich, jetzt musst du wohl doch mal jemanden fragen. Ein netter Schotte meinte, es ginge von diesem Ort auf jeden Fall NICHT weiter zur Insel Skye, hier sei sozusagen das „Land's End“ von Schottland. Da war ich wohl irgendwann an dem Abzweig zur Insel Skye vorbeigefahren und am Ende der „großen Insel“ gelandet. Jetzt erinnerte ich mich auch an den Hinweis von Martin, dass es sich um eine sehr kleine Straße handelt, die Richtung Brücke und somit zur Insel führt. Ich wendete also, fuhr nochmals durch die traumhaft schöne Landschaft, die wieder anders aussah, bei den jetzt ganz anderen Lichtverhältnissen, da es mittlerweile später Nachmittag war. Es gelang mir auf jeden Fall, den korrekten Weg zu finden. Der „kleine Umweg“ hatte mich fast 2 Stunden Fahrzeit gekosten, sodass ich erst in der Dämmerung an unserer Unterkunft ankam. Dämmerung und ein leicht feuchtes Klima. Das rief meine Lieblingsinsekten (Culicoides impunctatus) auf den Plan: Midges-Alarm!!! Ich hatte noch nie so schnell meinen Kofferraum ausgeladen, denn ich war ein gefundenes Fressen für diese Plagegeister. Danach galt es nur noch, ein kaltes Bier aus der Dose zu trinken und gut zu schlafen, denn die neue Kochwoche mit all ihren Herausforderungen stand bevor.

Sligachan Lodge auf SkyeSligachan Lodge auf Skye. Midge-Hochburg!

Bei dieser Veranstaltung handelte es sich um eine 2-Wochen-Tour mit gleicher Gästebesetzung, welche damals noch von Wandern Schottland angeboten wurde. Wir reisten also, nach einer schönen Woche auf Skye, gemeinsam zur Insel Harris weiter. Die dortige Wohnsituation sah so aus, dass ein Großteil der Gäste im Haupthaus wohnten, 2-3 Personen waren im gegenüberliegenden B&B untergebracht und die Reiseleiterin Miriam und ich übernachteten in einem nahegelegenen Wohnwagen. Da die Gäste jetzt schon anderthalb Wochen lang jeden Abend die reichhaltige regionale Küche auf Skye und Harris genossen hatten, kam der Wunsch auf, das Abendessen etwas einfacher zu gestalten. Wir entschieden gemeinsam, dass ein Spaghetti-Abend stattfinden sollte. Als Vorspeise plante ich den „Egg Pie with Salmon“ aus dem Wandern-Schottland Kochbuch, als Nachtisch sollte es Schokomousse geben. Beides stand vorbereitet in der Kühlung. Zu den Spaghetti waren drei Soßen geplant, zwei vorbereitet, eine wollte ich am Abend direkt zubereiten. Als wir dann entspannt am schön gedeckten Tisch bei der Vorspeise saßen passierte es. Plötzlich vollkommende Dunkelheit – Stromausfall! Was tun? Zuallererst wurden Kerzen angezündet, dann die Sicherungen geprüft, ohne Ergebnis. Miriam eilte zum B&B, um die dort lebende Besitzerin unserer Unterkunft zu informieren. Von dort kam sie mit der Information zurück, dass im Laufe des Tages Reparaturarbeiten an den Stromleitungen durchgeführt worden waren, was jetzt zum totalen Stromausfall auf der gesamten Insel geführt hatte. Eine Instandsetzung war erstmal nicht zu erwarten. Mir fiel natürlich gleich unser Hauptgang ein: Die Spagetti für ca. 16 Personen mussten gekocht werden, eine der Soßen musste noch zubereitet werden und die beiden anderen waren eiskalt auch nicht zu genießen. Wir dachten kurz darüber nach, ein Picknick zu organisieren, da hatte Miriam die zündende Idee: „In unserem Wohnwagen gibt es einen Gasherd!“ Also wurde alles was erhitzt und zum Kochen gebracht werden sollte, ins Auto verladen und ab gings zum Wohnwagen. Es gab an diesem Abend tatsächlich Spagetti mit verschiedenen Soßen!!! Und das in extrem gemütlicher Atmosphäre bei Kerzenschein. Die Stimmung war hervorragend und wie es so ist, pünktlich n a c h  dem Nachtisch ging das Licht wieder an. Als wir uns zu später Stunde zum Schlafen in unseren Wohnwagen zurückzogen, roch es dort irgendwie nach Knoblauch, wie das wohl kam??? Und im Bett dachte ich dann darüber nach, was wir wohl gemacht hätten, wenn ich den Lachs im Topf oder einen Braten im Backofen gehabt hätte… es hatte wohl alles so sein sollen!

Unsere Unterkunft in SeilebostUnsere Häuser in Seilebost, Harris bei Sonnenuntergang - und Stromausfall!

Auch im Jahr 2006 war ich wieder unterwegs, dieses Mal ging es nach Wales/Llanfendigaid, dorthin, wo für mich im Jahr 2000 alles begann. In dieser Kochwoche bekam ich für 3 Tage Besuch von Burkhard, meinem Mann, der mich in der Küche tatkräftig unterstützte, sodass wir ein wenig mehr gemeinsame Tagesfreizeit hatten. Ich glaube, jede Köchin hat den einen oder anderen Albtraum vor der Kochwoche, das z.B.der Kühlschrank leer ist und der Bus mit den Gästen steht vor der Tür …oder die Gäste sind schon aus den Federn gekrochen und bereit fürs Frühstück und ich finde EINE Tomate im Kühlschrank. In dieser Woche erlebte ich dann so einen wahrgewordenen Albtraum. Es war ein schöner Tag, wir quasselten viel in der Küche, es wurden diverse Lebensmittel geschnippelt von Burkhard für Vor-und Hauptspeise und ich stand am Herd und fügte alles zu einem Ganzen zusammen. Anschließend wurde ein schöner Spaziergang gemacht, die tolle Landschaft, die vielen Schafe und das Meer genossen. Am Nachmittag kümmerte sich Burkhard um ein gemütliches Kaminfeuer, das wir alle gemeinsam nach der Rückkehr der Gäste von ihrer Wanderung genießen konnten. Die Zeit fürs Abendessen kam, die Vorspeise kam aufgrund guten Hungers bei den Gästen an und auch die Hauptspeise wurde mit Hallo begrüßt; es mundete Allen. Es wurde erzählt von der Wanderung und den Erlebnissen des Tages, ich lehnte mich entspannt zurück ….. und dann war er da, mein Albtraum:

ICH HATTE KEINEN NACHTISCH VORBEREITET!!!

Der Schreck stand mir wohl ins Gesicht geschrieben. Gudrun, die auch vielen bekannte Wandern-Schottland-Köchin, war damals als Gast mit in der Runde. Sie erkannte mein Problem, kam mit in die Küche und wir zauberten in kürzester Zeit einen leckeren Obstsalat. Kekse sind ja auch immer im Schrank, sodass ich gerettet war. Ich glaube bis heute, dass keine der Gäste das Chaos mitbekommen hat…und hier nochmal mein Dank an die super Kollegin!

Ja, das kommt davon, wenn man sich vom Herzallerliebsten ablenken lässt…..
 
Diese Kochwochen sind doch für mich immer wieder spannend und bringen viel Abwechslung und Bereicherung ins Leben…von daher hoffe ich sehr, dass ich recht bald wieder zu einem Einsatz nach Schottland fliegen kann und dann irgendwann wieder „Stoff“ für neue Geschichten in Petto habe.

 

Angelika in Cornwall, 2019
Bis dahin bleibt alle gesund und: Vorfreude ist die schönste Freude…man sieht sich bestimmt bald wieder!

Angelika

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Von Angelika
Geschrieben am 20. November 2020