Schneeglöckchen im Morgenlicht
Bekenntniss einer Fotografin - Teil 1 

Hommage an das Schneeglöckchen

Bekenntnisse einer Fotografin
Frühling liegt in der Luft! Draußen sprießt der Bärlauch, die Knospen an den Kirschbäumen schwellen, die Vögel singen mit erneuter Inbrunst und jeden Tag beobachte ich auf meinem Lockdown Spaziergang wie sich das Wachstum in der Natur zu beschleunigen scheint – mit der Kamera in der Hand, versteht sich. Mein Makro Objektiv ist abgestaubt und übernimmt wie jedes Frühjahr die Regie. Jedes Jahr tut es gut das Wiedererwachen der Natur zu beobachten und wie jedes Jahr macht ein simples Blümchen den Auftakt – das Schneeglöckchen.
Seit Jahren fotografiere ich nun Schneeglöckchen und doch kann ich mich dem Sog dieser einfachen Blume nicht entziehen.
Ich bin damit nicht alleine, Schneeglöckchen haben für viele Menschen eine ganz besondere Stellung und sie sind ausgiebig in der Kunst verewigt, von der Folklore, Gedichten, Malerei, Fotografien bis hin zu Schmuck und Stoffen. Es gibt sogar einen Ausdruck für diese Schneeglöckchen Liebhaber – die Galanthophilen! Und hiermit bekenne ich mich als solche! 

Was macht sie nur so Besonders?

Dieser Frage möchte ich im ersten Teil meiner Hommage an das Schneeglöckchen nachgehen. 
Im zweiten Teil, der bald erscheinen wird, gebe ich einige Tipps, wie man Schneeglöckchen am besten fotografiert. 

Schneeglöckchen im Abendlicht
Schneeglöckchen im Abendlicht - ich liebe das warme Licht der Morgen- oder Abendsonne, das die transparenten Blütenblätter erglühen lässt.  Gegenlicht ist vielleicht fotografisch eine der schwierigsten Lichtsituationen - gut gemeistert gibt sie aber mit die schönsten Bilder. 
 

Ein wenig Hintergrund zu Galanthus nivalis (lat.) – dem kleinen Schneeglöckchen

Der Name Galanthus kommt aus dem griechischen und bedeutet ‘Milchblüte’, nivalis ist das Adjektiv zu neve (Schnee). Die Pflanzengattung Galanthus hat über 20 Arten und gehört zur Familie der Amaryllisgewächsen (Amaryllidaceae).

Verbreitung:
In Schottland und auch in Deutschland ist vor allem das kleine Schneeglöckchen (Galanthus nivalis) verbreitet. Schneeglöckchen sind nicht ursprünglich in Großbritannien beheimatet und sind wohl aus Klostergärten ausgewildert. Obwohl sie schon zu Shakespeares Zeiten in der Literatur erwähnt werden, sind die ersten botanischen Aufzeichnungen aus dem 18. Jahrhundert.
Schneeglöckchen erfreuten sich schnell großer Beliebtheit unter Gärtnern und mittlerweile gibt es hunderte von Zuchtformen, darunter viele gefüllte Arten. Manche Zuchtformen lassen sich nur schlecht vermehren und seltene Zwiebeln erziehlen sehr hohe Preise, so wie eine einzelne Zwiebel der Gattung Galanthus plicatus ´Golden Fleece`, die für £1390 Pfund gehandelt wurde. Da Schneeglöckchen daher in großem Ausmaß in der freien Natur zum Verkauf ausgegraben wurden, stehen sie nun unter Naturschutz und wilde Schneeglöckchen dürfen ohne Lizenz nicht ausgegraben werden.

Galanthus nivalis

Blütenbau mit inneren & äußeren Blütenhüllblättern und Hochblatt.

Aussehen:
Die einzelne Blüte ist aus einem inneren und einem äußeren Ring aus jeweils 3 Blütenblättern aufgebaut und hängt nickend vom Blütenstängel. Die Blütenhüllblätter des inneren Rings sind miteinander verwachsen und haben charakteristische grüne Markierungen. Im Zentrum des inneren Rings befinden sich Stempel und Staubsäcke. Bevor sich die Blüte öffnet ist sie zum Schutz von einem Blütenhochblatt umhüllt, das sich bei günstigen Witterungsbedingungen öffnet.
Schneeglöckchen bilden Zwiebeln als Überdauerungsorgan und haben meist zwei bis drei (selten) parallelnervige, längliche Blätter.

Vermehrung:
Wie die meisten frühen Zwiebelgewächse haben Schneeglöckchen zwei Arten der Vermehrung entwickelt.
Die Blüten werden von Insekten bestäubt und hier spielen vor allem Hummeln eine wichtige Rolle, da sie im Frühjahr zuerst erscheinen und auch bei kühleren Temperaturen von etwa 10°C fliegen können. Da die Temperaturen auf den britischen Inseln im Frühjahr häufig darunter liegen, ist diese geschlechtliche Art der Verbreitung über Samen (die genetisch von der Mutterpflanze abweichen) nicht verlässlich.
Interessant ist jedoch, dass die gereiften Samenkapseln am verwitternden Stengel zu Boden sinken, wo sie durch ein zuckerreiches Anhängsel am Samen (Eliosom) Ameisen anziehen, die die Samen unter die Erde und in ihre Bauten tragen, wo die eigentlichen Samen unbeschadet keimen können.

Verblühtes Schneeglöckchen

Zuerst verwelken die äußeren Blütenblätter, bis schließlich alle Blütenblätter abfallen. Im Zentrum der 2. Aufnahme kann man noch Pollen und den Stempel erkennen. Wurde die Blüte bestäubt, beginnt nun die Samenreifung in der Samenkapsel. 

Die zweite Art der Vermehrung ist vegetativ und geschieht über die Bildung von genetisch identischen Tochterzwiebeln. Daher sieht man häufig Schneeglöckchen in kleinen Horsten. Nach der Blüte und während die Blätter noch grün sind, kann man diese Horste im Garten zur Vermehrung getrost teilen.



Überlebenskünstler:

Schneeglöckchen gehören zu den ersten Blumen im Frühjahr und wie schon mehrfach angeklungen ist, sind sie wunderbar ausgestattet um die häufig extremen Bedingungen an der Grenze von Winter und Frühling zu überdauern. 
So stellen sie ihren Stoffwechsel um wenn es sehr kalt wird und produzieren statt Glucose Glycerin.

Ausharren im Schnee
Schneeglöckchen produzieren Glycerin, das sie vor dem Erfrieren schützt. So können ihnen selbst extreme Temperaturen nicht viel anhaben. 

Glycerin wirkt wie ein Frostschutzmittel. Es senkt den Gefrierpunkt und verhindert so, dass der Zellsaft an frostigen Tagen gefriert, durch Ausdehnung die Zellwände sprengt, die Zellen absterben lässt und die Pflanze letztendlich tötet.


Überschwemmung

Schneeglöckchen halten wirklich einiges aus. Nach mehreren Wochen Schnee setzte Ende Februar plötzlich Tauwetter ein und die Schneeschmelze ließ viele Flüsse und Bäche über die Ufer treten. (siehe das kurze Video unten)
 

Viele Schneeglöckchen entlang der Ufer waren überflutet und mussten der Flußströmung standhalten. Aber auch das haben sie überlebt! Auf meinen täglichen Lockdownspaziergängen konnte ich dieses Jahr die Entwicklung so intensiv verfolgen wie sonst nie und war schlicht und einfach erstaunt, wie hartnäckig sie sind. 
 

Die Flut geht zurückDas Wasser beginnt sich zurückzuziehen. 

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile - Aristoteles

So, was macht sie denn nun so Besonders? Sind es all die Fakten, die ich aufgezählt habe?
Ja und Nein! Sicher, ich muss immer wieder Staunen wie unglaublich gut Schneeglöcken an die harschen Bedinungung zwischen Winter und Frühling angepasst sind.

Letztendlich sind sie aber schlicht und einfach ein Lichtblick am Ende eines langen Winters und ich liebe die Anmut und simple Eleganz dieser zerbrechlich wirkenden Pflanzen. Und das ist es auch warum ich mich jedes Jahr wieder willig zum Kamera Rendezvous mit den Schneeglöckchen einfinde. 

Abendstimmung
Mehr darüber, wie ich meine Bilder mache und was dabei zu beachten ist, erfahrt ihr im zweiten Teil meiner Hommage an das Schneeglöckchen. 

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Von annette
Geschrieben am 25. März 2021
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